"Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon." - Aurelius Augustinus (354 - 430 a.d.)

Montag, 10. September 2012

Brasilien - Der Amazonas

Nachdem wir uns nicht noch einmal auf Attacken fliegender Fische einlassen wollten, ging es von Panama mit dem Flieger zurück auf das südamerikanische Festland, und zwar an den Mittellauf des Amazonas, nach Leticia, um von hier aus den größten Strom der Erde hinunterzuschippern:
 
Ankunft am Flughafen mitten im Urwald, im äußersten Südosten Kolumbiens, Leticia.
Dort hielten wir uns allerdings nur kurze Zeit auf und erledigten am nächsten Tag gleich die Grenzformalitäten um in unserem nächsten Reiseland anzukommen, Brasilien. Einstige portugiesische Kolonie, bekam das Land seinen Namen vom feuerroten Brasilholz, welches erstes Exportprodukt war.
Holztransporter am Fluss. Die Abholzung des Regenwaldes schreitet natürlich auch heute noch voran, wobei sich das Ausmaß in diesem Bereich des Amazonas in Grenzen hält, und es noch viel Primärregenwald gibt.
 
Für die Menschen dort ist der Fluss Lieferant von Nahrungsmitteln, Abwasserkanal, Lebensraum, Transportweg...
 
...wobei wir ihn als Letzteres gebrauchten und uns für eine Flussfahrt stromabwärts entschieden.
 
Der Amazonas: ein Fluss der Superlative. Allein schon seine durchschnittliche mitführende Wassermenge an der Mündung ist der Wahnsinn, 209 000 m³/s. Als Vergleich: das ist soviel wie die 7 nächstgereihten Flüsse (wie Mississippi, Jangtse, Mekong...) zusammen ! Oder, beim Jahrhunderthochwasser 2005 in Innsbruck flossen lächerliche 1700 m³/s den Inn hinunter.
Sein Artenreichtum ist beeindruckend und reicht von rosa Flussdelphinen bis 800V starke Zitteraale und den nur hier vorkommenden Seekühen.
Nur einen Rekord hält er nicht, den des längsten Flusses, hier muss er sich nur vom Nil in Afrika geschlagen geben.
Aber er ist auch der breiteste Fluss der Erde. Hier am Mittellauf hat er gewaltige 2km, in Manaus schon seeartige 9km und an der Mündung strömt er in 300km Breite in den Atlantik!
 
So erfüllten wir uns einen Traum und schipperten 3 Tage lang diesen Strom hinunter. Ungewöhnliche Wetterstimmung kurz vorm Regen.
Tja und was macht man so 3 Tage lang auf einem Boot? Das:
Bier trinken...

Lesen...

Dem Treiben am Fluss zuschauen...

Der Sonne hinterherschauen...
 
...bis es Nacht wird... und v.a. ...
 
Schlafen!
 
Geschlafen wird nämlich in der Hängematte mit 100 Anderen kreuz und quer an Deck. Schon erstaunlich wie viele Gedanken man sich zuhause über das Schlafgemach macht (Matratze dick/dünn/hart/weich; Anordnung des Bettes [Feng Shui Experten werden zu Rate gezogen], Helligkeit des Raumes, Temp. des Raumes, mögliche elektormagn. Strahlung der Nachttischlampe...), und nirgends schlafen wir besser als auf Reisen! Jeden Tag in anderen Betten, unter anderen Begebenheiten, oder eben so, in einer Hängematte.
 So kamen wir ziemlich relaxt nach 1607km in Manaus im Herzen des Amazonasbeckens an.
Gegründet wurde die Stadt hier am Zusammenfluss des milchkaffeebraunen Amazonas (aus den Anden) und des schwarzen Rio negro (aus dem nährstoffarmen Hochland an der Grenze zu Venezuela). Und dieser Zusammenfluss ist ein Naturschauspiel:

Das Wasser vermischt sich nämlich erst nach 100 Flusskilometern, und fließt davor nebeneinander her. Grund: unterschiedliche Temp., ph-Wert und Dichte des Wassers

Am besten sähe man dies allerdings aus der Luft (nicht unser Foto) oder auf Google-maps.
 
Manaus: eine Großstadt mitten im Nirgendwo. Die Stadt erlebte ihren Aufschwung um 1900 während des 20-jährigen Kautschukbooms, wo die Erfindung des Gummis durch James Goodyear und die Monopolstellung Brasiliens unglaubliche Geldsummen in den Regenwald spülten:
So gings im Schnellboot zu einer Kautschukfarm nahe der Stadt.
 
Der Anlegesteg kann in der Trockenzeit nicht benützt werden, schwankt der Wasserstand des Amazonas doch hier um bis zu 14m!
 
Der Maximalwasserstand wird auch schön aufgezeichnet, wobei auffällt, dass ganz oben 2012 und 2009 stehen. Und dazwischen gab es die härtesten Dürren der letzten 100 Jahre.
 
So werden jedes Jahr riesige Flächen überschwemmt, wobei sich die Vegetation daran angepasst hat.
 
Hier sieht man einen Kautschukbaum.
 
Dessen Rinde wird jeden Tag angeritzt...
 
...und während einiger Stunden ergießt sich dann die weisse Kautschukmilch aus der Wunde.
 
...diese wird gesammelt und über dem Feuer gehärtet und in eine verschiffbare Form gebracht.
 
Nachdem der Kautschukbaum nur in Brasilien vorkam, hatten sie das Monopol und Kautschukbarone häuften unglaubliche Reichtümer an.
 
Aber auch irrwitzige Dinge. So wurde die Pariser Oper mitten im Urwald nachgebaut -  und sämtliche Baumaterialen aus Europa eingeschifft.
 
Der Luxus kannte keine Grenzen.
 
Auch heute ist alles noch original zu bewundern, und wir liessen es uns nicht nehmen die Kultur zu geniessen und lauschten dem Amazonas-Symphonieorchester...
 
...und schauten uns brasilianischen Ausdruckstanz an.
 

So schnell der Boom gekommen war, so schnell war er auch wieder vorbei. Briten schmuggelten 200 Kautschukpflanzen ausser Landes, von denen 8 überlebten und in ihrer malaysischen Kolonie gepflanzt wurden, und das Monopol war gebrochen. Heute stammen alle Kautschukpflanzen Asiens von diesen 8 Setzlingen ab!

Weisse Sandstrände im Urwald? Unglaublich aber wahr. Vor allem in Kombination mit dem schwarzen Wasser des Rio negro sehr beeindruckend.
 
In keinem Führer zu finden, aber kein Geheimnis unter den Einheimischen.


2 Kommentare:

  1. Hi Marlene und Georg!

    Viel Spaß in Brasil! Bei uns wird es langsam Herbst (ist auch schön).

    Tanti saluti

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  2. Zur Vervollständigung noch meinen Namen ;-)

    Matthionson aus Sieglangeric.

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