"Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon." - Aurelius Augustinus (354 - 430 a.d.)

Freitag, 21. Dezember 2012

Südamerika - ein etwas anderer Rückblick auf 7 Monate


Da wir nun Südamerika verlassen haben und somit schon mehr als die Hälfte unserer Weltreise vorrüber ist, haben wir uns gedacht, es ist Zeit das Erlebte ein bisschen Revue passieren lassen.
Was ist anders wenn man 7 Monate reisend verbringt? Was ist besonders an Südamerika, was ist uns aufgefallen, was ist uns abgegangen. Hier eine kleine Zusammenfassung…
Aber mal vorweg, wir haben hier in Südamerika wahnsinnig viel erlebt,  sehr viele nette Menschen kennen gelernt und die Lebensweise der Menschen versucht zu verstehen und zu teilen. Viele Dinge hier sind allerdings anders, manche haben wir verstanden…andere weniger. Folgende Eindrücke sind aber natürlich nur ein kleiner Auszug derer, die uns bislang untergekommen sind...
Uns ist unter Anderem aufgefallen…
…dass wir anders ausschauen als die Einheimischen, was uns logischerweise nichts Neues war.  Interessant fanden wir nur, dass trotzdem es  hier in einigen Ländern Südamerikas relativ viele Weiße gibt und obwohl man sich ähnlich kleidet und sich bemüht die Landesprache zu sprechen, wird man als Tourist sofort erkannt. Es ist einem offensichtlich ins Gesicht geschrieben…vor allem sobald unsere bunten Regenjacken notwendig sind, ist alles klar.

hier mit einer Gruppe Volksschüler, die uns über Zuhause ausquetschte, zum Schluss wollten sie noch unsere Facebooknamen wissen um uns als Freunde hinzuzufügen . Unglaublich wie sich auch hier Facebook bereits breit gemacht hat, sogar schon bei 7 Jährigen (der eine hatte sage und schreibe 475 Freunde!)
…dass zum Teil der Einfallsreichtum etwas beschränkt ist. A lá „Ist der Nachbar mit etwas erfolgreich, mach ich das auch und zwar genau das gleiche, das hat sich ja offensichtlich bewährt“. Daher gibt’s hier Waschmaschinenstraßen,  Besenstraßen, Schuhstraßen usw.  und an Busterminals gibt’s daher meistens auch in jedem Laden exakt das Selbe.
…dass es in Kolumbien eine Softdrinkgeschmacksrichtung gibt, die „Colombia“ heißt. Es konnte uns keiner erklären was das für ein Geschmack ist, wir könnens auch nicht…
Und hier ein Apfelsaftgetränk mit Kohlensäure...die Farbe verstanden wir ursprünglich nicht wirklich, aber eigentlich ganz logisch, reife Äpfel sind ja schließlich auch rot!
...dass hier unheimlich viel frittiert gegessen wird, daher gibt es auch an jeder Straßenecke die sogenannten Pollo Broasters. Auch fast alle „chinesischen Restaurants“ servieren ausschließlich Brathendl mit Pommes. Manchmal ja ganz lecker, aber dauernd diese im Fett schwimmenden Pommes...boahhh
…dass man Essen von der Straße durchaus essen kann ohne krank zu werden, wenn man das mit Hausverstand tut und ein bisschen Glück hat :-)

… dass der Umgang mit Kindern hier sehr relaxed ist. Vorallem was Säuglinge betrifft, es wird überall und bei den unterschiedlichsten Tätigkeiten gestillt, während dem Mopetfahren (haben wir leider nicht auf Foto bekommen!), am Marktstand und während der Häckelarbeit…
 
... dass je ärmer ein Land ist, umso mehr Kinder auf dem Rücken getragen werden (was für uns sehr praktisch ausgeschaut hat) und die Anzahl der Kinderwägen mit höherem Wohlstand potenziell  ansteigt.
Das Zigarettenrauchen übrigens auch, vorallem bei Frauen!
 
…dass hupen hier Volkssport ist. Logisch, wenn man hupt schaltet die rote Ampel auch schneller auf Grün! Nicht gewußt?
…dass es viele nicht fertig gebaute Häuser gibt, die nicht nur unverputzt, sondern auch statisch gesehen, Bruchbuden sind…halten aber trotzdem J
…dass es in allen Ländern Südamerikas Straßenhunde gibt…und nicht wenige
... und dass sie sehr gerne die Nähe des Menschen suchen, vorallem lieben sie es Polizisten zu begleiten, da kommen sie sich wahrscheinlich besonders wichtig vor :-)
…dass die Menschen hier, gleich wie in asiatischen Ländern, vom kleinen Finger weg zählen. Wir fangen ja immer mit dem Daumen an.
…dass die Schärfe von Messern in Hostalküchen etwas über die Qualität des Hostals aussagt.
…dass in Brasilien Getränke und Süßigkeiten extrem süß sind.  Auch Cola, Fanta usw. sind süßer als daheim.

…dass das Mateteekännchen und die Thermoskanne für Argentinier und Südbrasilianer wie die Handtasche einer Frau ist, immer und überall mit dabei.
Wir waren erstaunt…
…darüber, dass in Kolumbien und Ecuador die Lebensmittel in Supermärkten fast gleich teuer waren wie bei uns Zuhause. Jedoch bei wesentlich niedrigerem Einkommen. Einkaufen in Supermärkten scheint den Reichen vorbehalten zu sein.
…darüber, dass man Einheimische (vorallem in den ärmeren Ländern, Kolumbien, Ecuador usw.) hier nie lesen sieht. Auch nicht bei stunden- und tagelangen Busfahrten, Boottrips oder sonst wo
...darüber, dass Indigene kein Insektenrepellent verwenden, und trotzdem keine Stiche bekommen…
…wie teuer Brasilien ist, eine Pizza unter 15- 20 Dollar zu ergattern, fast unmöglich…
…über so manche brasilianische Männerhand…

...und der war nicht wie ein Transvestit gekleidet!
…wie einfach es in Südamerika ist, öffentlich von A nach B und auch ins hinterste Nest zu kommen. Kannten wir schon, hat uns aber wieder erfreut.
Womit wir uns geplagt haben… 

...zum Beispiel Strom in unsere elektrischen Geräte zu bekommen
…mit dem Koreander, den die Marlene gar nicht mag.  Und der in südamerikanischen Speisen wie Salz und Pfeffer verwendet wird, boahhh
…Tropenluft, macht speziell auf Booten innerhalb kürzester Zeit klebrige Haut, warum wissen wir nicht…
Wir haben uns gewundert…
…über die vielen fehlenden Kanaldeckel, scheint hier eine super Einnahmequelle zu sein die zu verhökern! Jedenfalls Hans-Guck-in-die Luft kann hier bitter enden

…über so manches Hostal Bett, in dem man sich vor lauter weich nicht umdrehen kann, weil man ständig wieder zurückrollt
…über die Miniaturwaschbecken, die sogar für Marlene zu niedrig waren und dazu noch die Futziwutziwasserhähne, unter die man nicht einmal zwei Finger bekommt
…darüber, wieviel Wert auf Verkehrsregeln gelegt wird… 
...und das war nicht die Ausnahme, das war die Regel
…nach dem Motto „der Stärkere gewinnt“, Fußgänger haben hier keine Rechte, es bleibt so gut wie nie ein Auto an einem Zebrastreifen stehen,  nicht einmal für Mütter mit kleinen Kindern (haben wir nicht nur einmal beobachtet und sind auch nicht nur einmal fast umgemäht worden….)
…sogar dieses „Zebra“ der bolivianischen Kampagne „Am Zebrastreifen haben Fussgänger Vorrang“ haben sie fast umgeführt!
 …darüber, dass die Brasilianer Fremdsprachen verweigern, trotz anstehender Großereignisse wie Olympia und Fussballweltmeisterschaft
…über die fahrenden Kühlschranke, auch Busse genannt. Und keiner der Einheimischen konnte uns erklären warum sie alle bis aufs letzte heruntergekühlt werden. Sie sind immer nur alle brav mit Wollmützen und dicken Decken eingestiegen, als wär das bei 30 Grad Außentemperatur das Normalste der Welt. „Das ist halt so…“. Hinterfragt wird hier wenig…

Standardausrüstung beim Busfahren: dicker Pulli, Jacke, Schal, Schlafsack...und nicht zu vergessen, Schlafbrille und Ohrenstöpsel!
   Wir waren  erschrocken darüber…. 
…dass im Stadtzentrum von dem sonst so schönen Medellin (Kolumbien), so viele Drogensüchtige wie Leichen herumliegen und es keinen geniert ob die noch leben oder nicht.
 
… und wie in vielen Ländern Südamerikas mit Müll umgegangen wird.
Wir haben uns  geärgert…
…über den Wander- und Bergtourismus hier, der leider zum Großteil ein bisschen anders gehandhabt wird als bei uns Zuhause. In vielen Ländern Südamerikas (vorallem  Ecuador und Kolumbien) muss man sich für jede Pimperltour einen Guide nehmen, meistens mit der Begründung, dass sich die Wetterverhältnisse hier schnell ändern können (was sie bei uns ja nie tun) und man leicht verloren gehen kann. Wir meinen, es ist größtenteils eine reine Geldmacherei…sehr ärgerlich
…dass in fast allen bolivianischen Hostals Klopapier im Preis nicht inbegriffen war, vorallem ärgerlich wenn man darauf erst kommt, wenn man schon über der Schüssel steht :-)
…dass Verkäufer in den ärmerem Ländern nie Wechselgeld haben, nicht einmal wenn man 80Cent mit 1€ zahlen möchte...
Was wir nicht so schnell vermissen werden… 
...diese so oft vorhandenen Shoilets, wie wir sie liebevoll nennen
… Kloschüsseln die mit Wasser gefüllt sind und daher spritzen wenn was reinfällt
… das benützte Klopapier immer in einen nebenan stehenden Mülleimer werfen zu müssen. Da die Abwassersysteme nicht für Papier gemacht sind…(wobei wir jetzt in Neuseeland echte Probleme haben uns wieder umzugewöhnen :-)
 …dauernd mit Flipflops duschen zu müssen
…immer auf all unsere Sachen (besonders Wertsachen) so aufpassen zu müssen, sobald man auf die Straße geht
…arbeitsunmotivierte Leute, bei denen man das Gefühl hat, man stört sie in ihrer Freizeit, wenn man bei ihnen was kaufen möchte
Was uns schon ganz bald abgehen wird…
…die vielen total friedlichen und ihr eigenes Leben führenden Straßenhunde
... so einige haben uns auf Wanderungen begleitet und uns gut unterhalten...
…die vielen guten Früchte und die sooo günstigen Fruchtsäfte am Markt!
…den leckeren frischgepressten Orangensaft vom fahrbaren Orangenmann um 50 Cent
Doppelzimmer, so günstig, dass es für zwei Personen fast keinen Unterschied macht ob man Dorm oder Zimmer nimmt…
und natürlich ganz ganz viele andere Sachen, die hier jetzt nicht alle Platz haben.
Tja und wie gestaltet sich das „Langzeitreisen“ für uns sonst so?
Also um all die Dinge, die in den vorangegangenen Posts beschrieben sind zu entdecken, haben wir in den letzten 7 Monaten viel Zeit in Transportmitteln verbracht.
Wir sind Tage und Nächte lang Bus gefahren und haben alle möglichen anderen Verkehrsmittel herangezogen um weiterzukommen, Boote, Fähren, Züge, Trucks…
…von Zeit zu Zeit haben wir auch ein Taxi genommen und haben dabei viele nette und hilfreiche Taxifahrer, aber auch viele Gauner erlebt…die gibt es wohl auf der ganzen Welt…
…so eine Windschutzscheibendeko sieht man allerdings hochstwahrscheinlich nur hier…
 …wir haben viel verhandelt, nicht nur am Markt, sondern auch in Geschäften, ja sogar die Buspreise in Kolumbien sind nicht fix. Ist am Anfang ja noch ganz lustig, irgendwann aber wird das ganz schön anstrengend. Vorallem weil man zu Beginn in einem neuen Land kein Gefühl für Preise hat und  nie weiß, wieviel zuviel man gerade bezahlt hat
...und dann bekommt man oft nur so ein Ticket!
… wir haben viel nachgelesen und recherchiert, wo geht’s als nächstes hin? Was kann man dort machen, anschaun, was ist ein Muss (dafür sind oft Erfahrungen anderer Touris sehr hilfreich)…und somit kann man den Reiseführer früher oder später auswendig…

und wir haben täglich unser Spanisch auf die Probe gestellt, wobei wir im Allgemeinen viel mehr Englisch gesprochen haben…Touris bleiben oft zwangsläufig häufig unter Touris…
…wir haben, wenn wir auch immer wieder mal ein Doppelzimmer hatten, trotzdem sehr oft in Stockbetten geschlafen…
...tausende Male unseren Rucksack ein und ausgepackt…
 …ihn Hügel hinauf- und hinuntergetragen, durch Menschenmassen und Bustüren gezwängt, auf Trucks und Busdächer gehievt…
...und wir haben ihn sehr liebgewonnen. Auch wenn er immer schwerer wird und wir nicht genau wissen warum.

Trotz all den schönen Sachen die wir hier erleben durften, gibt es natürlich auch Dinge die einem auf so einer Reise abgehen...wie beispielsweise:
…gespritzer Apfelsaft (ohhh was ich für den nach einer Wanderung oft geben würde!!!)
…sich auf die Kloschüssel setzten zu können (kein Schmäh, im Stehen ist das im wahrsten Sinne des Wortes „scheiße“). Wir setzten uns aus Ekel nämlich nicht hin.
…angeschriebene Fixpreise in Geschäften
…Gemüse im Essen. Das wird hier nur in homeopatischen Dosen Gerichten beigefügt
…am Ende eines Tages “heimzukommen“, sich gemütlich auf die Couch setzten und in die Glotze schaun zu können
…Wasser aus der Leitung zu trinken
…das Motto „der Gast ist König“, das wird hier leider noch nicht gelebt, ist wohl eine Wohlstandserscheinung
…eine eigene Küche zu haben, in der man richtig aufkochen kann. Hier mussten wir immer alle Zutaten genau für das jeweilige Gericht kaufen und alles was überblieb sowie Gewürze, Öl usw. mitschleppen, das schränkt schon ein und wiegt einiges!
Was uns bei dieser Reise über uns aufgefallen ist...

…dass wir über 200 Tage lang, 7 Tage die Woche, 24 Stunden am Tag gemeinsam verbringen können, ohne uns gröber auf die Nerven zu gehen, wir das sogar richtig genießen!
… dass wir mit sehr wenig auskommen können und alles was wir derzeit zum Leben brauchen offensichtlich in einem Rucksack passt…
… und dass wir sehr gut gepackt haben. Bislang haben wir nichts zukaufen müssen, aber auch keine einzige Sache die wir mithaben noch nicht gebraucht…außer unserer Trillerpfeife
…dass wir lieber deutsche Bücher lesen als Englische, oder gar Spanische. Haben wir zwar gemacht, das war allerdings Arbeit und kein Spass.
…dass wir unsere 4 Jahreszeiten lieben, jeden Tag 6 Uhr Sonnenaufgang, 6 Uhr Sonnenuntergang und zwar 356 Tage im Jahr kann echt nix (Ecuador), vor allem wenn man im Dunklen nicht mehr raus soll!
…dass Georg weniger Zahnpasta braucht als Marlene
…und Marlene mehr Klopapier braucht als Georg…eigentlich braucht sie überall mehr J
…dass uns unsere Familien und Freunde sehr abgehen, wobei Skype das ganze wesentlich erleichtert…
…dass man tatsächlich mit 2 Paar Schuhe mehr als ein halbes Jahr auskommen kann….toll ist das aber nicht und Marlene vermisst nicht nur ihre Schuhsammlung sondern auch ihre Klamotten, dauernd das Gleiche anzuhaben, ist nicht sehr befriedigend für Damen.
…dass wir 7 Monate reisen können, ohne ernsthaft krank zu werden
Und hier noch ein paar Antworten auf Fragen die wir von Zuhause oft gestellt bekommen…
Highlights? ...Highlights gab es ganz viele, herausgestochen sind aber mit Sicherheit die Galapagos Inseln
schönstes Land?...alle Länder sind auf ihre Art und Weise schön…am meisten überrascht hat uns aber Kolumbien, wir hatten kaum Vorstellung, wenig Erwartung und wurden von dessen Schönheit, Abwechslungsreichtum und den unglaublich freundlichen und hilfsbereiten Menschen überwältigt
Geld?....nein, wir sind nicht mehr in unserem geplanten Budget… werden aber trotzdem überleben J Wir versuchen natürlich wo es geht zu sparen, aber wir wollen auch nicht auf Highlights verzichten müssen (a lá nach Paris fahren und nicht auf den Eiffelturm rauf). Die Sache ist nur, dass die Preise hier in Südamerika (vor allem Kolumbien, Brasilien, Argentinien und Chile) zum Teil um 100 % gestiegen sind in den letzen 5 Jahren, vorallem was Transport und Unterkünfte betrifft.
…wo wir Weihnachten feiern? Tja, leider nicht am Ort unserer Wahl, nämlich Zuhause bei unseren Familien. Aber wir versuchen das Beste aus der Situation zu machen und haben uns am Heiligabend in einer Selbstversorgungshütte eines schönen 4 Tagestrecks einquartiert. Aber richtig weihnachtliche Stimmung ist bei uns heuer ohne Schnee, Kekse und Glühwein leider nicht eingetreten…wir genießen es aber trotzdem und denken an Zuhause!
Und wollen auf diesem Weg unseren Familien, Freunden und Bekannten ein wunderschönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Jahr 2013 wünschen!
Wir schicken euch sonnige Weihnachtsgrüße vom anderen Ende der Welt, aus Hobbitland mit riesigen Baumfarnen!



Samstag, 8. Dezember 2012

Chile - Osterinsel (Rapa nui)

Aja, der Osterinselpost und das erste Foto ist ein gelbbartiger Weihnachtsmann. Passt ja gut.
Nein wir wollten nur zeigen, dass wir hier, obwohl im Sommer, auch etwas von Weihnachten mitbekommen. Auch wenn richtiges Weihnachtsgefühl ohne Glühwein und Dunkelheit nicht aufkommt.
 
 So jetzt aber zur Osterinsel: Die Osterinsel gilt als der Ort auf der Welt, wo Menschen am (zweit-)weitesten von anderen Menschen entfernt sind. Platz eins geht hier leider an Tristan da Cunha im Atlantik. Trotzdem sind es mehr als 2000km bis zu den Pitcairninseln mitten im Pazifik und 3700km bis zum südamerikanischen Kontinent.
Umsomehr ist es verwunderlich, dass sich vor mehr als 1000 Jahren vermutlich Polynesier in ihre Kanus setzten und diese Reise auf sich nahmen, ohne zu wissen dass es in dieser Ecke überhaupt Land gibt!!
Gut dass es heute einfacher ist dorthin zu kommen, dachten wir. Unwetter verhinderten jedoch unseren Flug (der nächste "Ausweichflughafen" liegt ja wie oben beschrieben etwas entfernt), sodass wir zuerst in Santiago 2 Tage festsaßen, dann zuerst nach Lima/Peru mußten, um dort dann erneut 1 Tag abzuwarten.
Da braucht es starke Nerven sich um 3 Uhr in der Früh brav anzustellen.

Kurz darauf wieder anstellen, diesmal jedoch an der Rezeption im 5* Sheraton palace Hotel! Da passten wir mit unseren dreckigen Rucksäcken perfekt hin :-)

Wir genossen auf jeden Fall die von der Fluglinie gestellte Unterkunft, und aßen uns am ausgiebigsten Frühstücksbuffet unseres Lebens 3h lang satt. Die Vielfresserfreaks lassen grüßen.
 
 ACHTUNG - WARNING - ADVICE
ACHTUNG - WARNING - ADVICE
Dieser Post enthält extrem viel Information. Kann bei Einigen zu Langeweile führen. 
Wer nur Steinköpfe sehen will, sieht sich am Besten nur die Fotos an. Wen die Geschichte dahinter interessiert, nimmt sich die 10min Zeit und liest mit:

So, über Umwege kamen wir dann doch noch in Hanga roa, dem einzigen Ort auf der Osterinsel, an. Und direkt hinter der "Stadt" zeigten sich auch schon die ersten Steinskulpturen, weswegen man eigentlich herkommt.

Die ersten Rapa nui (so nennen sich die Ureinwohner und so heißt die Insel heute auch offiziell) müssen beim ersten Anblick eines  Landes nach mehr als 2000km ziemlich gejubelt haben. Ganz so einfach war es dann aber auch nicht, besteht doch benahe die gesamt Küste aus schroffer Steilküste, unmöglich mit einem Kanu dort an Land zu gehen.

Lediglich eine einzige Bucht mit Sandstrand gibt es an der gesamten Küstenlinie, und klar, dass der Legende nach hier der erste König Hotu matua anlandete. Sprachliche, genealogische (des mit DNA und so) sowie archäologische Hinweise deuten auf eine polynesische Besiedlung aus dem Westen hin, und wiederlegten somit einige Thesen die auf eine Besiedlung aus Südamerika anspielten.

Eine der Protagonisten der Südamerikathese war der berühmte norwegische Archäologe und Abenteurer Thor Heyerdhal, der mit einem nachgebauten Binsenboot 1956 von Peru aus bis auf die Osterinsel segelte und ebenfalls in Anakena, der Sandbucht, anlandete, wo er die umgestürzten Moai (Felsköpfe) vorfand.

Er war auch der erste der einen Moai wiederaufstellte, und das auch gleich mit den Methoden der alten Rapa nui.
So stehen heute an diesem Strand wieder 5 Moai (einer hats nicht aufs Foto geschafft).
Aber was hat es mit denen eigentlich so auf sich?

Das wollten wir natürlich herausfinden, und da wir 3 Tage "verloren" hatten, mussten wir einen Marathon hinlegen um alles anschauen zu können. So leihten wir uns ein Auto aus, und Georg fuhr das erste Mal nach 7 Monaten wieder Auto. Und das auf der Osterinsel, zu Weihnachten, ohne Versicherung...

Jeder Moai hat hier seine Geburtsstätte, dem Rano Raraku Krater.

Kein Wunder dass gleich nebenan dieser Stein liegt. Der für die Rapa nui den Nabel der Welt darstellte.

In Rano Raraku befand sich nämlich der Steinbruch, wo die Moai herausgeschlagen wurden. Und heute noch stehen viele fertige oder halbfertige Steinskulpturen dort herum.

Hals über Kopf wurden offensichtlich die Arbeiten eingestellt, da man immer noch halb herausgeschnitzte Moai sieht. Wie hier ein Kopf links, und ein Kopf rechts, liegend,halb verborgen.

Und erst ein Mensch zeigt die Größe der Skulpturen. (hier rechts von Georg) Mehrere Hunderte (!) liegen am Kraterabhang herum.

Mit diesen kann man beinahe auf Tuchfühlung gehen.

Unglaublich viel Arbeit musste darin investiert worden sein.

Und an jedem Kopf der aus der Erde schaut, hängt ja nocheinmal ein mind. doppelt so großer Körper unterirdisch dran!

Die zwei schiefen Köpfe von Rano Rarako.

Dies stellt eine der ältesten, noch knieende Figur dar. Solche lassen sich in kleinerer Ausführung auch in Hawai oder Neuseeland finden. (ein Beweis der polynesischen Abstammung)
 
Erst die Bewohner der Osterinsel vergrößerten sie im Laufe der Zeit, bis sie, nun aufrecht stehend, beinahe gigantische Ausmaße annahmen.

Die Moai sollen die Ahnenhäuptlinge darstellen, und jedes Dorf/jeder Clan wollte einen noch größeren vor seinem Dorf aufstellen um Macht zu demonstrieren. So reihten sie Figur um Figur auf ihren Altären aneinander...


...und wurden immer größer. Bis zu 26m groß! (man beachte Georg in seiner orangen Jacke)
Dies stellte auch langsam ein logistisches Problem dar, da diese bis zu 150t schwer waren und vom Steinbruch zu den Aufstellungsplätzen transportiert werden mußten. Auch hierzu gibt es nur Spekulationen wie die Einwohner das bewältigten. Auf jeden Fall wurden viele Bäume gebraucht, was zu einer kompletten Entwaldung der Insel führte.

Letzter Schrei in der Sommermode im 17Jhr. war es dann diesen Steinköpfen noch rote Hüte aufzusetzen.

Diese wurden im roten Steinbruch am anderen Ende der Insel hergestellt, wogen bis zu 10t, und mußten auch erst irgendwie hin und dann auf den Kopf gebracht werden.

Und das alles nur um Touristen im 21Jhr. ein Fotomotiv zu bieten.
Nein natürlich nicht, sie bedeuteten Macht für ihre Erbauer und Bewohner.

Die meisten Rapa nui lebten bis ins 20 Jhr. in Steinhöhlen vor ihren Moai.

So schauen auch alle Gesichter immer vom Meer weg, auf das jeweilige Dorf vor sich. Nur diese hier in Akivi schauen aufs Meer gen Westen (ein Beweis dass die Vorfahren aus dem Westen kamen)

Als jedoch der Niederländer Rogeveen als erster Europäer die Insel am Ostersonntag 1722 sah, fand er bereits alle Steinfiguren so vor.
 Wie kam es dazu? Es kam zu vermehrten Stammesfehden auf der Insel, da sich die Nachfahren des Königs als die Herrscher fühlten, was jedoch die anderen Bewohner nicht so toll fanden. Und um ihre Gegner zu schwächen, warfen sie sich gegenseitig die Figuren (ein Machtsymbol) um.
Zur Blütezeit vor Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen dürften 10 000 Menschen auf der Insel gelebt haben. Um wieder Ruhe und Ordnung herzustellen wurde ein neuer Kult, der mehr Gleichheit versprach eingeführt.
Dieser Kult hatte im Orongo Krater seinen Ausgangspunkt.

An seinem Kraterrand lag das spirituelle Zentrum der Insel. Von hier aus starteten jedes Jahr die jeweils stärksten Männer eines Clans zu einem Wettkampf. Ziel: eine winzig kleine Insel vor der Küste...

...der hier. Also zuerst das Kliff 300Hm runtergeklettert, rübergeschwommen, drüben wieder rauf, und dann warten. Warten auf die ersten Russschwalben die dort ein Nest mit Ei anlegten, Ei klauen und alles wieder retour. Und wer als erster ein intaktes Ei dem Priester präsentierte, war für ein Jahr der Vogelmann, der Führer der Insel.
Klingt ziemlich fair. Das hat dann allerdings den Verlierern wieder nicht gefallen, und es gab erneut Kriege.
 So war vor Ankunft der Europäer die Gesellschaft auf 5000 Menschen halbiert worden.
Und dann schauten sie plötzlich in weisse Gesichter, was sie zuerst sehr verwundert haben musste.

So sehr, dass sie auf ihre nicht mehr in Gebrauch befindlichen Moai, Schnitzereien der Segelboote anfertigten.

Hier nachgezeichnet, wer es oben nicht gesehen hat.

Tja und anfangs noch freundlich empfangen, war es die "ziviliserte" Gesellschaft, die den Rapa nui beinahe den Todesstoss versetzten (hier der Friedhof der Insel)
 So wurden 1859 alle Männer im "gebrauchsfähigen" Alter von Peruanern gefangen genommen und als Sklaven verkauft (1500 Männer). Erst auf internationalen Druck (die Sklaverei war weltweit schon lange abgeschafft worden) wurden die verbliebenen eingesammelt und zurückgebracht, ganze 14 Männer!!! Alle anderen waren aufgrund der harten Arbeit unter unmenschlichen Bedingungen verstorben.
Was das bedeutete sieht man am besten an der Schrift. Die Rapa nui waren die einzigen Polynesier die eine Schrift entwickelten. Diese wurde von Priestern von Generation zu Generation an ihre Söhne weitergegeben. Aber nachdem unter den 14 Rückkehrern kein Priester mehr war, konnte niemand mehr Lesen oder Schreiben! Und die Entschlüsselung der Schrift ist bis heute nicht gelungen.
(Steinhyroglyphen im Bild oben)
 Schlussendlich nahm Chile die Insel unter dem Vorwand einer Schutzmachtfunktion in Besitz. Die Chilenen waren aber auch keine Unschuldslämmer und schleppten Krankheiten ein, oder verschifften die Bewohner an Land um sie zu "Chilenifizieren".
Der Tiefpunkt der Geschichte ist nun erreicht. Im Jahre 1877 lebten noch sage und schreibe 111 Rapa nui auf der Insel.
Die Insel wurde an eine Wollfirma verkauft und die verbliebenen Einwohner durften sich auf ihr nicht mehr frei bewegen. Die Schafe hatten mehr Rechte als die Einwohner auf ihrer eigenen Insel.
Christliche Missionare machten sich als einzige für ihre Rechte stark... (hier ein Engel a la Rapa nui mit Vogelkopf in der Kirche)
 ...und es dauerte bis 1964 bis sich an dieser Situation etwas änderte. Erst dann wurden sie aus ihrem Gefängnis entlassen, durften sich überhaupt erstmals wieder frei auf der Insel bewegen und bekamen chilenische Pässe.
Heute hat sich die Zahl der Eingeborenen auf ca. 3000 erhöht und dank des Tourismus haben sie es zu einigem Wohlstand gebracht. Auch wenn immer mehr Chilenen auf die Insel ziehen, sind die Rapa nui (den Resten) ihrer Tradition treu geblieben, und versuchen sie an die junge Generation weiterzugeben, und sind stolz darauf zu sein wer sie sind. Spannend das alles hautnah anzuschauen!

So Märchenstunde zu Ende. Die Osterinsel, ein sicherlich außergewöhnliches Reiseziel!!

Das war auch unser Abschluss für 7 Monate Südamerika, und ein 14h Flug trennte uns vor neuen Herausforderungen in Down under. Dazu aber bald mehr!