"Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon." - Aurelius Augustinus (354 - 430 a.d.)

Freitag, 7. Dezember 2012

Chile - Torres del Paine

Nachdem wir im argentinischen Teil Patagoniens soviel Glück mit dem Wetter gehabt hatten, fuhren wir froher Dinge auf die chilenische Seite. Hauptattraktion ist hier der Torres del Paine - Nationalpark.
Und das Hochdruckgebiet, das uns in El Chalten all den Sonnenschein gebracht hatte, zog offensichtlich die 100km mit uns weiter Südwestwärts :-) 
Das Gebirgsmassiv vom Parkeingang aus gesehen, die "Torres del Paine" in seiner Mitte. (Paine heißt passenderweise Himmelblau)
Der Nationalpark ist wegen seiner landschaftlichen Schönheit weltberühmt, und jeder ambitionierte Tourist möchte zumindest den "W-Trek" (das W) abgehen, und alle die nicht komplett fussmarod sind, machen gleich den "Circuit" (die Runde). Wir konnten uns im Vorhinein unter dieser Beschreibung wenig vorstellen, deshalb hier eine kurze Erklärung:
Rote Linie: Das W. Die Basis wird am See entlang abgegangen, und jedes Tal bildet einen Ast des W´s.
Gelbe Linie: Der Circuit oder die ganze Runde. Das Bergmassiv wird einmal umrundet.
Rosa Linie und STOP: die Erklärung hierzu erfolgt im Verlauf.


Der November hat sich für Patagonien in den letzten Jahren ob des stabilen Wetters als Geheimtipp präsentiert. Können wir bestätigen. Zusätzlicher Reiz bildet sicherlich auch die Blüte der Flora!

So begannen wir zuerst mit dem W, und wanderten durch wunderschöne Urwälder das erste Tal hinein zur Hauptattraktion, den Torres, hinauf. Der beständige heftige Wind hinterläßt auch an den Bäumen seine Spuren, die sich ihm spiralförmig zu entwinden versuchen.

Die Felsnadeln der Torres del Paine. Eine gewisse Ähnlichkeit mit den Zinnen der Dolomiten ist ihnen nicht abzusprechen, jedoch sind diese hier beinahe doppelt so hoch! Auch wenn die Felstürme auf Fotos nicht so gewaltig aussehen, messen sie doch mehr als 1000m an Höhe.

Dem Fuchs gefällts auch.

Nachdem wir vor hatten, 9 Tage im Park zu verbringen, und die Preise für Hütten im Park astronomische Ausmaße annehmen (mehr als 100 $ pro Übernachtung mit Mahlzeit), kommt nun auch unser Zelt zum Einsatz. Klein aber fein können wir da nur sagen.

Und weil sich das Wetter auch weiterhin von seiner besten Seite zeigte, stiegen wir am nächsten Tag in aller Herrgottsfrühe nocheinmal zum Aussichtspunkt auf, um die Türme beim Sonnenaufgang im roten Glanze strahlen zu sehen.

Unterwegs mit Aumi und Lisa im Blütenwald mit schwerem Gepäck (jeder Rucksack hatte mehr als 20kg!)

Häh, was hat das denn zu bedeuten? Alle paar Meter Hinweisschilder, man soll Toilettenpapier nicht verbrennen. Wer kommt denn auf so eine blöde Idee? Und selbst wenn, ist doch egal, oder?
 
Leider Nein. Unvorsichtigkeit, oder einfach Dummheit, führten zu 2 großen Feuern, wobei beim Größeren letztes Jahr (schwarze Fläche unten) fast ein 1/3 des bewaldeten Parks verbrannt sind. Und anders als z.B. in Californien, gibt es "natürliche" Feuer im feuchten und kalten Patagonien normalerweise nicht.
Der Verursacher des Brandes kam nämlich bei Wind in Sturmstärke auf die grandiose Idee sein Klopapier zu verbrennen, mit verheerenden Folgen:
Hier sieht man genau die Grenze, bis wohin sich das Feuer in einer Woche Brand dank der heftigen Winde ausbreitete.

Regen dürfte dem Feuer dann ein rasches Ende bereitet haben. Selbst Inseln inmitten der Seen, hunderte Meter vom Ufer entfernt, wurden dank Funkenflug abgefackelt.

So wandert man nach einer blühenden Frühlingslandschaft plötzlich wie im trostlosen Winter, und das tagelang!

Deprimierend und faszinierend zugleich.

Aber schon 1 Jahr danach kämpft sich die Natur zurück. Bis sich allerdings die jahrhundertealten Wälder wieder gebildet haben, wird es lange dauern.

Hier ein Bild aus dem Brandgebiet von 2005. Verkohlte Stümpfe auf einer Wiese.

Uns gefällt jedenfalls der Kontrast Türkisblau und Sattgrün besser.

Der extreme Wind treib massive Wellen auf den Seen vor sich her, und diese formen wunderschöne Strände.

Typisch für dieses Gebirgsmassiv sind 2 verschiedenfärbige Gesteinsschichten die übereinanderliegen. Diese bilden auch die beiden Gipfel hier, die "Cuernos" (die Hörner).
 
Als hätte jemand die Spitzen schwarz bemalt.
Der mittlere Teil des "W`s" bildet das Valle frances, an dessem Ende man einen wundervollen 360°-Rundumblick auf Gletscher und Bergspitzen hat:

Die Torres de Paine von hinten gesehen.

Das Acampamiento italiano liegt am Fusse dieser Felswand, und jeden Morgen lösen sich riesige Eislawinen ab und erzeugen ein ohrenbetäubendes Getöse, das an das Grollen eines Donners erinnert.
Leider ist dieser akustische Eindruck nicht auf Foto zu bannen, besser funktioniert das mit der Abendstimmung am nächsten Zeltplatz beim Torre grande.

Der ständige Wind läßt die Bäume nur in eine Richtung wachsen...
...und bizarre Formen auf den Lagunen erscheinen.

Dieser Wind weht natürlich auch an diesem recht ungeschützten Zeltplatz. Gut dass wir Geld in sturmsichere Zelte investiert hatten, die wie eine Eins dastanden...


...was die Besitzer dieser zwei platten Flundern wohl auch besser getan hätten. Zumal der Herr im Bild kurz darauf mit einer Tasse literweise Wasser aus seinem Zelt schauftelte. Da hatten wir schon ein bisschen Mitleid...

...zumal wir auch alles gemütlich durch die Fensterscheibe bei einer Tasser Tetrapackwein beobachten konnten.
Manche Campingplätze bieten nämlich den Luxus eines Aufenthaltsraumes mit Kochmöglichkeit, den wir uns dann doch gerne gönnten...

...wobei die meisten Campingplätze eher diesen Standard hatten. (hier der Las guardas Campingplatz)
Besagter Campingplatz war leider  auch unser Endpunkt des Circuits (als STOP auf der Karte markiert).
Eigentlich wurden wir beim Parkeingang und sonst auch überall darauf hingewiesen, dass der Circuit gesperrt sei. Allerdings hörten wir auch von Wanderern die es trotzdem gemacht hatten. So wollten wir uns durch ein paar Schilder und Aussagen nicht aufhalten lassen. Soweit so gut, nur hatten wir das Megapech, genau auf diesem Campingplatz zwei Parkwächtern in die Hände zu laufen, die uns noch einmal auf die Sperre hinwiesen. Und zur Sicherheit meinten, wir sollten uns morgen persönlich bei ihnen in der Hütte melden, zwei Stunden den Weg zurück :-(
Grund für die Sperre wären Schnee am Passübergang und umgestürzte Bäume (nicht ganz abwägig wenn man auf diesem Foto schaut, wieviele hier auf dem Campingplatz bzw. sogar auf der Kochhütte liegen). Zur Sicherheit machte Marlene noch einen Sicherhheitscheck und prüfte vor dem Schlafengehen alle Bäume auf Festigkeit :-)

Tja so mussten wir uns doch den Schildern geschlagen geben. Und den Parkrangern ins Gesicht lügen wollten wir dann auch nicht.

Trotzdem genossen wir den Ausblick auf die gewaltigen Eismassen des Greygletschers, welcher sich vom patagonischen Inlandseisfeld (wie der Perito moreno Gletscher) abwärts schlängelt.

Der Greygletscher, schaut noch nicht so anders aus als ein Gletscher in den Alpen.

Wenn man allerdings hineinzoomt und die Menschen darauf sieht, wird einem erst die Dimension bewußt!


Tja jetzt hatten wir zwar das W fertig abgelaufen, und der Circuit war nicht möglich. Was sollten wir  noch mit all dem Essen in unserem Rucksack machen? Zwar stellte das Essen DAS Gesprächsthema auf dem Trek dar, aber alles wieder mit nach Hause nehmen wollten wir auch nicht.
So kamen wir auf die etwas dumme Idee, alles wieder zurückzugehen, und uns die Rückseite des Gebirgsmassives, und somit den anderen Teil der Circuits einfach von der anderen Seite aus anzusehen. Das bedeutete 3 Hardcoreetappen mit bis zu 30km pro Tag...
...aber wie heißts in einem türkischen Sprichwort: In guter Gesellschaft ist kein Weg zu weit!
Da konnte auch der Wind, der einem den ganzen Tag frontal ins Gesicht weht, nichts anhaben.




Nebenbemerkung: In Patagonien bietet sich ein Schaulaufen der Outdoorbekleidung. Jeder hat noch die Bessere, noch mehr Goretex, noch funktioneller...
...und wir wieder mit unseren erprobten Mullsackregenröcken :-)

Und so ging es das W zurück und dann auf die Rückseite (Rosa Linie auf der Karte). Und wir genossen den vollen Umfang des patagonischen Wetters:
Regen...

...Sonne...
...Wind...
 
...Schnee...
...und das alles an einem einzigen Tag!
Vor allem der Schnee war unangenehm, weil wir unsere Bekleidung aufgrund der Weltreise auf ein Minimum ausgelegt hatten. So hieß es alles anziehen, und trotzdem die ganze Nacht frieren.
Georg mit seiner türkischen Frau Aische in seinem Wüstenzelt.

Aber Stunden später schaut es dann wieder so aus!

Diese heissen Holländerblumen.


Sonnenuntergang bei den Torres.


Die knorrigen Bäume trotzen den wiedrigen Umständen.

Marlene als sie nach 9h Marsch herausfand, dass noch ein bisschen fehlte. Aber es war sooo schön :-)
 
Aber keine Angst, die Pausen liessen wir auch nicht zu kurz kommen.
 
Und das Refugio Dickson mit gleichnamigen See und Gletscher kam doch noch in Sicht, nach 31 Tageskilometern.
 
Und es hat sich gelohnt!!!
Ein Foto wie mit Photoshop bearbeitet, aber pure Wirklichkeit.
 

Da wir 9 Tage lang über nichts anderes geredet hatten, als die individuelle Belegung der ersten Pizza in Puerto Natales, wurde diese auch gebührend genossen.
Aber nachdem der darauffolgende Tag auch der letzte Gemeinsame mit Lisa und Aumi war, und wir uns mittlerweile ebenfalls als Vielfresserfreaks geoutet hatten (Selbstbeschreibung, in einem Wort, eines deutschen Reisenden den wir trafen) kochten wir nocheinmal groß in der Hostelküche auf. Auf dem Speiseplan standen:
1,5kg Steak
4kg Kartoffeln
2kg Gemüse
1/4 kg Butter
2 Salatköpfe
Vier Vielfresserfreaks (was für ein Zungenbrecher) bei der Arbeit. Inklusive anschliessender Magenlähmung. Was für ein Abschluss für das wundervolle Patagonien.

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